DIE DRITTTE KAMMER – DIE VOLLENDETE SPECULATION FUEHRT ZUR NATUR ZURUECK (4)
Der "Hentzenpark" - Eine Rekonstruktion seiner Geschichte in anekdotischen Einzelbildern

Die Wehrmacht beschlagnahmt die Villa

Im Oktober/November 1939 beschlagnahmt die Wehrmacht die Villa als Wachstube. Einige Pioniereinheiten aus dem Polenfeldzug werden abgezogen und transportieren viele Kisten mit unterschiedlichster Munition über eine Notschiffbrücke aus Rheinkähnen von Bad Honnef hinüber zum Ufer von Rolandseck. Die Kisten werden in den alten Park nach Rolandswerth gebracht und auf der Westseite versteckt. Es darf sich ihm keiner mehr nähern und das Wäldchen wird strengstens bewacht. Die Familie Hentzen ist in der Zwischenzeit in die Schweiz abgereist. Sie genießt dort Immunität, da die Schweiz England im 2. Weltkrieg auf diplomatischer Ebene vertritt. Zur weiteren Vorbereitung des für das Frühjahr 1940 geplanten Frankreichfeldzugs werden in der Villa zwischenzeitlich Offiziere mit ihren Burschen einquartiert. Die ganze Gegend ist voll besetzt mit Einheiten, die auf ihren Abtransport nach Frankreich warten. Von 1939 bis 1944 hält die Wehrmacht das Anwesen besetzt, obwohl es eigentlich aufgrund des Sonderstatus seiner englischen Besitzer exterritoriales Gebiet ist. Im Sommer 1944 kehrt die Familie Reese, die Tochter der Hentzens mit ihren Kindern, zurück nach Rolandswerth, da sie ausgebombt sind. Um Weihnachten 1944 quartiert sich ein weiteres Mal ein Wehrmachtsstab auf der Rückkehr von der Ardennenoffensive in der Villa ein. Der Vater Reese, Architekt und als Kriegsversehrter freigestellt, ist auf der Heimreise von Weimar, sein Sohn, der auf Kinderlandverschickung in Thüringen war, durchquert Deutschland zu Fuß, um zu Weihnachten bei der Familie zu sein. Die Nazis sind in Panik vor den herannahenden Amerikanern, die bereits bis Aachen vorgedrungen sind und zwingen Frau Reese, die Remise zu öffnen, um dort Geheimmaterial zu lagern. Die Remise wird von ihnen verplombt und sie verbieten der Familie, sich der Versiegelung zu nähern, dann ziehen sie wieder ab. Frau Reese ist so beunruhigt über die möglichen Gefahren, die dieses Geheimversteck in sich birgt, dass sie die Plombe aufbricht und tatsächlich einen Stapel von Möbeln aus Naziamtsstuben, aber vor allem eine Unmenge von Hitlerbildern findet. Obwohl sie weiß, dass sie in Lebensgefahr schwebt, entschließt sie sich, die Hitlerportraits im Rhein zu versenken. Sie wirft mit Hilfe der Kinder die Bilder bei Nacht und Nebel in den Fluss und versucht verzweifelt, die Unzahl von in den Himmel starrenden Führeraugen mit Steinwürfen zum Untergang zu zwingen. Die dramatische Aktion gelingt und die führerlosen Bilder treiben schweigend davon oder sinken langsam hinab auf den Grund des Stroms.