DIE DRITTE KAMMER - DIE VOLLENDETE SPECULATION FUEHRT ZUR NATUR ZURUECK

Programmatische Kurzbeschreibung des Gesamtkonzepts der "Geheimen Gärten Rolandswerth" im Rahmen des "Skulpturenufer Remagen" (2002-2004)

www.geheime-gaerten-rolandswerth.de


Den Garten sehen wir als rhetorische Landschaft, die sowohl ein gestaltetes, an der Natur orientiertes bildliches oder textliches Fragment sein kann als auch ein Ort für dreidimensionale Denkmodelle - ein "begehbares Bild". Und natürlich ist er ein sozialer Kommunikationsraum. Im Rahmen des Langzeitprojektes "Skulpturenufer Remagen" des Arp Museums Bahnhof Rolandseck haben wir uns daher entschieden, den Hentzenpark in Rolandswerth, zu dessen Neugestaltung wir eingeladen wurden, zur Projektionsfläche für eine programmtische Aussage zu machen. Mit dem Satz aus Novalis' "Allgemeinem Brouillon" von 1798: "Die vollendete Speculation führt zur Natur zurück" ergreifen wir einen Aphorismus, der als Denkfigur dem Park neben seinen historisch vielschichtigen Bedeutungskategorien ein übergeordnetes Prinzip zuweist.

Der Satz wird in drei Teile geteilt: Der erste Teil "Die vollendete Speculation" wird zum Schriftzug auf dem neuen Haupttor, das nun durch diese Worte hindurch zum Betreten des Parks einlädt. Der zweite Teil des Satzes "führt" ist in das Bild eines Pflanzen-Turmes implantiert (siehe oben der erste und zweite Entwurf des Turmes als digitales 3-D-Modell). Zuletzt steht der dritte Teil des Satzes "zur Natur zurück" in Spiegelschrift auf dem Gitter über dem rückwärtigen Ausgang des Parks, der rekonstruiert werden soll. Entscheidend für die Lesbarkeit und das Verständnis des Satzes "Die vollendete Speculation führt zur Natur zurück" ist die Einhaltung eines vorgegebenen Weges. Vom Haupttor zum Turm, um ihn herum und zurück in Richtung Rhein, führt dieser Weg über die Treppe hinaus auf einen ehemaligen Treidelpfad und mit einem lesenden Blick zurück links um den Garten herum und von hinten zum Gewächshaus, das als befestigte Ruine zum musealen Standort wird. In dokumentarischer und sprachlicher Form wird hier der wechselhaften Vergangenheit dieses 120 Jahre alten Parks Ausdruck verliehen.

Der zentrale künstlerische Eingriff in Form des Pflanzen-Turmes, dessen rechnererzeugte Darstellung als symbolhaft aufgeladenes Landschaftsbild mit vermeintlicher Ruinenmetaphorik angelegt ist, ist von uns durchaus nicht als Ruine gemeint, sondern als Beton-Architektur, die Pflanzen und Tieren einen exemplarischen Ort zur Besiedelung anbietet. Der Turm ist kein Verlassenheit und Verfall symbolisierender Point de Vue, um irgendeine Vergangenheit zu verklären, sondern ein Buchstabengebilde, auf dem Natur zu künstlerischem Material werden kann. Von der Pflege des Gärtners wird abhängen, wie lesbar das Wort "FUEHRT" bleibt.

Wichtig erscheint uns, den Park in seiner schon vorhandenen Schönheit erfahrbar zu machen. Das Aufstellen des Turmes ist nicht so sehr als skulpturale Setzung gemeint (was es natürlich auch ist), sondern eher als die Einführung eines Generators für die Intensivierung des Blicks auf die Schönheit der Anlage - wie eine Art Sender, der Wellen der Erkenntnis an bereite Empfänger ausstrahlt.